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Zitat derStandard.at 25. Juli 2011 17:03:

"[...]derStandard.at: Ist Anders Breivik ein Amokläufer?

Kastner: Nein. Amokläufer schließen in der Regel mit der Welt ab. Diese Menschen fühlen sich unverstanden, verletzt, finden keine Anerkennung und beschließen deshalb bevor sie gehen, noch in aller Grandiosität zu demonstrieren, wozu sie eigentlich fähig sind. Nach dem Motto: Wenn die anderen meine guten Seiten nicht schätzen, dann zeige ich es ihnen halt auf negative Art und Weise. Der Suizid ist hier der geplante Endpunkt. Bei Anders Breivik ist das ganz und gar nicht der Fall. Er wollte am Leben bleiben, um den Erfolg seiner Aktion auch zu erleben und in irgendeiner Form daran zu partizipieren.

derStandard.at: Aber auch er hält seine Tat für grandios, bezeichnet sich selbst als Held. Ist er ein Narzisst?

Kastner: Das weiß ich nicht. Auf jeden Fall aber ist er ein Fanatiker, der von seiner Idee völlig durchdrungen ist. Alles andere hat für diesen Mann an Bedeutung verloren, beziehungsweise wurde es nach hinten gereiht. Um dieser überwertigen Idee zum Durchbruch zu verhelfen, musste Breivik den Tod vieler Menschen natürlich in Kauf nehmen. Ob ein Einzelner so etwas macht oder eine ganze Gruppe von Fanatikern, wie sie die Al-Quaida darstellt: der Mechanismus ist immer derselbe, nur die Größe des Schadens, der angerichtet wird, ist eine andere.

derStandard.at: Ist solchen Menschen denn die Grausamkeit ihrer Tat im Moment der Ausübung bewusst?

Kastner: Die Täter abstrahieren. Leider wachsen hier immer eine ganze Reihe von verkürzten Erklärungsmodellen, aus dem Boden. Da tragen dann zum Beispiel die Internetspiele die alleinige Schuld. Das Ganze ist aber ein Bedingungsgefüge und die Internetspiele sind nur ein Mosaiksteinchen im Gesamtgemälde, das sich Breivik selbst zusammengesetzt hat. Vermutlich hat er in diesen Ego-Shooter-Spielen trainiert reihenweise auf Leute zu schießen, um sich zu desensibilisieren. Es ist ja nicht so ohne weiteres vorstellbar, so viele Menschen Auge in Auge zu töten.

derStandard.at: Selbst zusammengesetzt bedeutet aber auch, dass Breivik wusste, was er tat und keine psychische Erkrankung dahinter steckt?

Kastner: Ich gehe davon aus, dass er sehr lange wusste, was er tut. Ob das letztendlich in eine krankheitswertige Störung gekippt ist, kann ich nicht sagen. Da solche Tragödien glücklicherweise selten sind, lassen sich hier schwer Gesetzmäßigkeiten herauslesen. Es ist daher auch ein Unding Präventivmaßnahmen zu setzen, weil es viele Menschen gibt, die sich auffällig verhalten. Aber die wenigsten davon werden zu Massenmördern. Diese Auffälligkeiten sind zu unspezifisch. [...]"

Das gesamte Interview finden Sie unter dem nachfolgenden Link:

http://derstandard.at/1310512072392/Attentaeter-in-Norwegen-...
Quelle: Regina Philipp, derStandard.at, 25.7.2011

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