Mag. Nicole Maier


  • Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision (Humanistische Therapie / Gestalttheoretische Psychotherapie)


Fach-Interview von Mag. Nicole Maier

F: Was ist Gestalttheoretische Psychotherapie?

Die Gestalttheoretische Psychotherapie (GTP) ist ein erlebnisorientierter, tiefenpsychologischer, ganzheitlicher und systemtheoretischer Ansatz, der sich besonders durch den respektvollen Umgang für das persönliche Erleben des Gegenübers auszeichnet. Ihre Anwendung geht bis in die 1920er Jahre zurück.
Die GTP kennt kein im Voraus festgelegtes einheitliches Schema des Ablaufs oder der Arbeitsweise. Vielmehr finden Therapeut:in und Klient:in gemeinsam heraus, was in der jeweiligen Situation am hilfreichsten ist. Zentrales Element ist dabei das erlebnisaktivierende therapeutische Gespräch. Die Wirksamkeit der GTP hängt somit wesentlich von der Bereitschaft des:der Klient:in ab, sich mit dem eigenen Erleben, also eigenen Gefühlen, Empfindungen, Wahrnehmungen und Gedanken, auseinander zu setzen.

Erlebnisorientiert bedeutet, dass durch individuell gewählte Interventionen Problemlagen in das Hier und Jetzt der Therapiesitzung geholt werden und in sicherem Rahmen unter neuem Blickwinkel erfahren werden können. Dadurch können neue Erkenntnisse oder Zusammenhänge gewonnen werden. Das persönliche Gefühlserleben steht dabei im Mittelpunkt.
Tiefenpsychologisch bedeutet, dass auch inner-psychische, nicht-bewusste Dynamiken für die Situation einer Person von Bedeutung sind, in die therapeutische Arbeit einbezogen werden und im Zuge des Therapieprozesses bewusst gemacht werden.
Als ganzheitlich wird der Zusammenhang und die Wechselwirkung von Körper und Seele aber auch die Betrachtung der Gesamtsituation einer Person, und nicht nur einzelne Ausschnitte davon, verstanden.
Systemtheoretisch meint die Wechselwirkung, in der jede Person zu ihrer Umwelt und umgekehrt, steht.

Der besondere respektvolle Umgang mit der Realität des Anderen ergibt sich mitunter aus der erkenntnistheoretischen Grundposition der Gestalttheoretischen Psychotherapie, dem kritischen Realismus. Demnach ist das persönliche Erleben der Realität und der Welt eines jeden so einzigartig wie der Mensch und seine Geschichte selbst. Die Erforschung des persönlichen Erlebens ist zentraler Bestandteil der GTP.


F: Was ist der Unterschied zwischen Beratung und Therapie?

Beratung ist oft kurzfristig und konzentriert sich auf spezifische Probleme oder Entscheidungen im Alltag. Sie kann in verschiedenen Bereichen stattfinden, wie zum Beispiel in der Karriereberatung, Lebensberatung oder Erziehungsberatung. Die:er Berater:in hilft der:m Klient:in, Lösungen zu finden, Perspektiven zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen. Die Beziehung ist in der Regel weniger intensiv und zielt darauf ab, praktische Ratschläge und Unterstützung zu bieten.

Psychotherapie hingegen ist ein tiefergehender Prozess, der sich mit psychischen Erkrankungen, emotionalen Schwierigkeiten oder Verhaltensproblemen befasst. Sie erfordert oft eine längere Zeitspanne und eine intensivere Auseinandersetzung mit den inneren Konflikten und der psychischen Gesundheit der Klient:innen. Psychotherapeut:innen sind arbeiten mit verschiedenen therapeutischen Methoden und Interventionen, um tiefere Einsichten in das eigene 'Geworden-sein' zu fördern und Veränderungen im Denken und Verhalten und der Persönlichkeit zu unterstützen.

Zusammengefasst: Beratung ist oft kurzfristig und Problem- bzw. lösungsorientiert, während Psychotherapie tiefere emotionale und psychische Themen behandelt und als längerfristiger Veränderungsprozess angelegt ist.


F: Was ist der Unterschied zwischen Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen und Fachärzt*innen für Psychiatrie?

*Psychiater:in:
macht psychiatrische Diagnostik, Medikamente verschreiben. Je nach Ausbildung auch psychiatrisch-therapeutische Behandlung (eher selten der Fall), bei schweren psych. Leidenszuständen unbedingt notwendig (zB Schizophrenie)
Die Ausbildung umfasst das Medizinstudium und die Facharztausbildung, oder Psy-Diplom-Weiterbildung (Arzt:in mit nur Psy-Diplom ist kein:e Psychiater:in)
Kosten: Kasse od. Teilrefundierung
*Psycholog:in (nur mit dem Zusatz ‚klinische‘ Psycholog:in):
macht klin. psycholog. Diagnostik mittels Testverfahren (zB ADHS, Demenz,.) Psycholog. Behandlung setzt am jeweiligen Problem bzw. den jeweiligen Symptomen an, ist lösungsorientiert daher auch gut geeignet als Akutbehandlung
Die Ausbildung umfasst das Psychologiestudium + klin. Psycholog. Ausbildung (1-2 Jahre)
Kosten: seit 2024 Teilrefundierung durch ÖGK
*Psychotherapeut:in (auch in Ausbildung unter supervision):
macht Psychotherapeutische Diagnostik (zB der Persönlichkeitsstruktur), psychotherapeutische Behandlung (eigenständiges Heilverfahren für psychische Erkrankungen, Persönlichkeitsentwicklung), längerer u. tiefergreifender Prozess um Verhaltensweisen/Einstellungen zu verändern (prozessorientiert)
Die Ausbildung dauert min 6 Jahre
Kosten: bei Diagnose Kassenplatz (zu wenige) oder wie Wahlarzt mit Teilrefundierung, nicht bei in Ausbildung unter Supervision (dafür gibt es dort günstigere Tarife)

NUR diese 3 Berufsgruppen dürfen auch ohne extra Zuweisung mit und an krankheitswerten Leidenszuständen arbeiten, sie ergänzen sich und können sich auch überschneiden, ersetzen tun sie sich aber nicht.




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